Willi
Willi war der gutmütigste und gemächlichste Vertreter seiner Rasse ,den ich je kennengelernt habe. Er wurde ausgesetzt ; an einem eingezäumten See. Es war purer Zufall , daß man ihn überhaupt entdeckt hatte ,da das Gebiet der Öffentlichkeit nicht zugänglich war . Das besonders gemeine an der Sache war : Willi war blind . Hilflos und jeder Orientierung betraubt ,irrte er herum . Von alleine hätte das mächtige Tier nie hier herausgefunden........
Als zwei Polizisten ihn zu uns brachten ,atmete er in Sekundenschnelle eine große Schüssel Feisch ein . Dann trotete er in den Zwinger und knallte mit dem Kopf gegen die Außenklappe. Es bestand wirklich kein Zweifel,daß er nichts mehr sah. Man kann jetzt die Blindheit eines Hundes nicht mit der eines menschen gleichsetzen. Was für uns die Augen ,ist für den Hund die Nase. Natürlich war unser blinder Schützling in der fremden Umgebung erst einmal aufgeschmissen. Was er hatte ausstehen müssen an jenem See,läßt sich nur erahnen. Den Weg in die Freiheit konnte er nicht finden : Überall prallte er gegen Zäune. Und überall war Wasser. Als man ihn einfing , wäre er vor Panik fast ertrunken.
Das Erlebte verkraftete das alte Hundeherz nicht so rasch . Willi blieb wochenlang sehr verstört. Er rührte sich kaum von der Stelle und weigerte sich strikt,den schützenden Zwinger zu verlassen . Nur ganz langsam und zaghaft erkundete er seine neue Umgebung . Ebenso zögernd nahm er Kontakt zu uns auf , um sich dann regelrecht anzuklammern . Bei ersten Spaziergängen blieb er stets an meiner Seite .Hielt ich nicht die Hand auf seinem Rücken oder spürte er nicht mein Bein neben sich , geriet er in Panik. Es verstand sich von selbst ,daß ich mich verstärkt um den blinden Alten kümmerte. ER würde auch nicht leicht zu vermitteln sein . Also nahm ich ihn mit nach Hause. Meine Eltern waren Kumer gewöhnt . Was ich nicht schon alles angeschleppt hatte......... Willi war ungemein ruhig und friedlich . Wenn er bei uns hereinmarschierte,legte er sich gleich auf den Teppich und schnarchte.Er störte sich weder an meinen eigenen Hunden ,noch an den Katzen . Er bellte nicht , lief nicht herum , klaute nicht vom Tisch und war stubenrein. Allerdings war er irgendwie undicht................ Willi sabberte ,was dasZeug hielt. Draußen hinterließ er eine Tropfspur.In der Wohnung sabberte er sich die Lefzen voll und hatte ständig nasse Vorderpfoten . Und wenn sich zu viel Flüssigkeit angesammelt hatte , schüttelte er den faltigen Kopf , und ein wahrer Regen ergoß sich auf SchrankWand und Tisch . Es spritzte nur so. Wir legten ein "Willihandtuch" griffbereit. Und wenn der bernhardiner bei uns war , saßen wir ale da und schielten mit einem Auge zu ihm hin. Hob er den Kopf und neigte ihn leicht zur Seite , sprang einer von uns auf und stürzte sich auf ihn ,um ihm "die Nase zu putzen" ;o)
So gern ich ihn hatte ; war ich doch froh, als er aus unserer kleinen Wohnung in ein Haus umzog. Die neuen Besitzer erzählten mir später,Willi hätte gelernt,sich nur im Flur zu schütteln . Die gläserne Eingangstür und der große Korridorspiegel waren die "meistgeputzten" ihrer Art ;o)